Vielleicht denken Sie jetzt: „Für mich bitte keine, danke!“ Aber ein wenig muss schon sein. 8.000 bis
10.000 Schritte haben sich als Ziel aktuell in den Köpfen verankert und bieten einen guten Richtwert für den
täglichen Bewegungsbedarf. Es gibt zudem Empfehlungen von öffentlichen Institutionen wie der WHO oder
dem Bundesgesundheitsministerium. Diese gelten auch für Menschen mit chronischen Erkrankungen wie
beispielsweise Psoriasis oder Psoriasis-Arthritis.
„10.000 Schritte pro Tag?! Das ist unglaublich viel! Wie soll ich das unter der Woche im Arbeitsalltag
schaffen? Und vor allem im Homeoffice, wie aktuell in Pandemiezeiten?“ 10.000 Schritte sind schneller
gemacht, als der:die eine oder andere annimmt, und lassen sich unkompliziert in den Tagesablauf integrieren.
Legen Sie beispielweise während der Arbeitszeit immer wieder kurze Pausen ein und drehen Sie eine Runde
um den Block. Auch ein bis zwei lange Spaziergänge in der Woche oder alle drei Tage joggen machen einen
Unterschied. Und wenn die Zeit doch mal knapp wird, sind intensivere Aktivitäten eine Alternative. „Aber was
gilt als ‚intensiv’ und was als ‚moderat’?“, werde ich des Öfteren von meinen Patient:innen gefragt.
Moderat oder intensiv?
Die WHO definiert es so: Sie sollten sich noch unterhalten, aber nicht mehr singen können.
Außerdem empfiehlt sie – auch für chronisch Kranke und angepasst an die persönliche Leistungsfähigkeit –
180 Minuten moderate Belastung die Woche. Welche Bewegungen oder Sportarten individuell geeignet sind,
muss jede:r selbst entscheiden.
Schonzeit war gestern
Bewegung oder gar Sport ist bei Psoriasis und Psoriasis-Arthritis unbedenklich, solange er Ihren
körperlichen
Voraussetzungen entspricht. In Hinblick auf Psoriasis-Arthritis herrschte früher die allgemeine
Lehrmeinung,
dass sich Patient:innen mit rheumatischen Erkrankungen schonen sollten. Sport stand unter dem
Generalverdacht, die Gelenkzerstörung voranzutreiben. Heute weiß man – aus über 200 Studien –, dass das
exakte Gegenteil zutrifft. Sportliche Aktivitäten dämmen das Entzündungsgeschehen bei Erkrankungen wie
Psoriasis-Arthritis ein; keine oder sehr wenig sportliche Betätigung befeuert es dagegen.
Entzündungen sind außerdem für die meisten der sogenannten Zivilisationskrankheiten mitverantwortlich.
Es ist ein wahrer Teufelskreis. Erst legen wir entspannt die Füße hoch, dann kommt das Übergewicht,
das wiederum zu Entzündungen und damit zu mehr Gelenkschmerzen führt. Und wenn wir Pech bzw.
eine genetische Disposition haben, folgen auch noch Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck,
Fettstoffwechselstörungen und/oder Atherosklerose.
Mit anderen Worten: Wer sich bewegt, kann eine Menge bewegen. Sport macht einfach den entscheidenden
und nachhaltigen Unterschied. Gerade in Zeiten von Homeoffice wird das der:dem einen oder anderen
schmerzlich im Rücken und in den Gelenken bewusst. Ohne Bewegung tut am Ende vom Nacken bis zur
Lendenwirbelsäule alles weh. Was also hält uns davon ab?
Zurück nach oben
Goodbye, innerer Schweinehund
Ja, den inneren Schweinehund kennen wir sicherlich alle. Er kann uns von Aktivitäten abhalten,
die uns
ein gutes Gefühl geben. Das trifft insbesondere auf Fitness und Sport zu. Ein ausgiebiger Spaziergang,
ein Lauf im Park oder einfach auch ein Stretching am Morgen lösen Glücksgefühle aus, und nach einigen
Wiederholungen werden Sie auch Veränderungen an Ihrem Körper bemerken: Muskeln bauen sich auf und
definieren Ihren Körper, sie verbessern Ihre Leistungsfähigkeit, nehmen mehr Sauerstoff auf und wirken
Ermüdungserscheinungen entgegen. Sie können zudem bei einer Gewichtsreduktion unterstützen. Sie belohnen
sich also doppelt: physisch und psychisch. Die für Sie optimale Motivation kann Ihnen helfen dranzubleiben.
Legen Sie einen bestimmten Tag/Tagesabschnitt in der Woche fest, der nur für Ihre Lieblingsübungen oder
Ihren Lieblingsonlinekurs vom Fitnessstudio vorgesehen ist. Nutzen Sie Apps, Ihr Smartphone oder -watches
und tracken Sie Ihren Personal Activity Index (PAI). Verknüpfen Sie sich darüber mit Verwandten und
Freund:innen, fordern Sie sich gegenseitig heraus, indem Sie den Bewegungsumfang der:des jeweils anderen
einsehen können. Ein Grundsatz gilt immer, um dauerhaft durchzuhalten: Sport und Bewegung müssen Spaß
machen!
Bewegung in den Alltag integrieren
Man muss keine Sportskanone sein, um mehr Aktivität in sein Leben zu bringen. Am besten starten Sie
mit kleinen Veränderungen in Ihrem Tagesablauf. Hier sind 10 einfach umzusetzende Vorschläge, die
Fachärzt:innen der Rheumatologie ihren Patient:innen mit Psoriasis-Arthritis empfehlen. Suchen Sie sich
gerne
etwas davon aus und los geht’s.
Zurück nach oben
- Lassen Sie das Auto stehen und laufen Sie stattdessen zum Einkaufen oder zur Arbeit.
- Steigen Sie eine Haltestelle früher aus und gehen Sie den Rest zu Fuß.
- Laufen Sie beim Telefonieren herum, statt zu sitzen, oder noch besser: Machen Sie
Telefonkonferenzen, für die Sie keinen Computer benötigen, bei einem Spaziergang. Die frische
Luft „lüftet“ zugleich auch Ihr Gehirn.
- Nehmen Sie die Treppe statt Rolltreppe oder Aufzug.
- Laufen Sie stets eine Etage höher, als Sie eigentlich müssen.
- Spielen Sie öfters mit Freunden für 20 Minuten eine Runde Frisbee.
- Nutzen Sie einen höhenverstellbaren Tisch und wechseln Sie alle 30 Minuten zwischen Sitzen
und Stehen.
- Gehen Sie an einem festen Wochentag 20.000 Schritte.
- Verabreden Sie sich mit Freunden zu einem Spaziergang.
- Legen Sie sich eine Outdoor-Aktivitäten-App zu und erkunden Sie Ihre Umgebung
je nach Fitnesslevel.
Leistungssport mit Psoriasis-Arthritis: Bitte weiter
so!
Die Diagnose kann jede:n treffen – auch aktive Leistungssportler:innen, Marathonläufer:innen und
Fitnessgurus. Das bedeutet aber nicht, dass man alles aufgeben muss. Diverse Studien zu hocheffektiven
Trainings haben gezeigt, dass sich keine negativen Effekte nachweisen lassen. Gerade junge Patient:innen
können wirklich jede Art von Sport treiben – vorausgesetzt, sie sind medikamentös gut eingestellt und haben
keinen bestehenden Gelenkschaden.
Zurück nach oben
Schritt für Schritt aktiv werden
Zum Start benötigen Sie weder einen Vertrag fürs Sportstudio noch eine 10er-Karte fürs Schwimmbad. Es sei
denn, Sie haben Lust darauf. Schauen Sie erst einmal, was Ihnen so viel Spaß macht, dass Sie sich vorstellen
können dranzubleiben. Wichtig ist, langsam zu starten und sich nach und nach zu steigern. Schauen Sie, wie
Ihre Gelenke, Sehnen und der restliche Körper auf die von Ihnen favorisierten Übungen ansprechen. Diese
Aktivitäten eignen sich ebenfalls bei einer Psoriasis oder Psoriasis-Arthritis:
Walken
Walken ist der perfekte Einstieg für alle, die Lust auf Ausdauersport
haben und sich kein Extratrainingsgerät zulegen wollen.
Trotten
Trotting ist der gelenkschonende Geheimtipp für diejenigen, denen
Walken zu leicht geworden ist, aber Joggen noch zu anstrengend erscheint.
Joggen
Hierfür empfiehlt sich allerdings die Anschaffung von Laufschuhen.
Starten Sie in kurzen, von Gehpausen unterbrochenen Etappen.
Dieser YouTube-Kanal hat viele Tipps für
Joggingliebhaber.
Radfahren
Es müssen keine gewaltigen Touren sein. Hilfreich ist es schon,
statt des Autos das Fahrrad für den Arbeitsweg zu nutzen oder am
Wochenende ein wenig die Gegend zu erkunden.
Schwimmen
Gelenkschonender Sport zu treiben ist fast nicht möglich. Sie
brauchen nicht unbedingt ein Schwimmbad dazu. Lernen Sie einfach
die Seen in Ihrer Umgebung kennen!
Tanzen
Tanzen macht glücklich und sorgt für geschmeidige Bewegungsabläufe
wie z. B. im „Happy And Fit Dance Channel“.
Hula-Hoop
Probieren Sie etwas Neues. Mit dem Hula-Hoop trainieren Sie den
ganzen Körper in einem Work-out, das zudem noch viel Spaß macht
und Sie in Ihre Kindheit zurückversetzt. Und das Beste: Sie können
in kleinsten Pausen Ihren Reifen schnappen und hullern,
z. B. im Channel von Elli Hoop.
Zurück nach oben
Entspannung und Meditation
In der Ruhe liegt die Kraft. Doch nicht immer will uns das gelingen. Psychischer Stress ist immer wieder
der Trigger für weitere Psoriasis-Schübe, innere Unruhe und Schlaflosigkeit. Diesen Teufelskreis können Sie
zum Beispiel auch mit meditativen Übungen durchbrechen. Dazu wurden viele Studien durchgeführt und
festgestellt, dass Qigong und Tai-Chi beispielsweise einen positiven Effekt auf die Erkrankung zeigen. Im
Folgenden möchte ich Ihnen einige Entspannungsverfahren vorstellen, die sich leicht zu Hause praktizieren
sowie mit leichten Gelenk- und Sehnenproblemen ausüben lassen.
Yoga
Yoga entspannt Körper und Geist. Es kräftigt außerdem die Muskulatur.
Probieren Sie die Übungen in diesem Channel und finden Sie
vielleicht hier Ihren Yogi:
www.youtube.com
Qigong
Qigong vereint chinesische Meditations- und Konzentrationsübungen
mit Kampfsportelementen und sorgt so für innere Ruhe. Zum Reinschnuppern
ist das folgende Video gut geeignet.
Probieren Sie es aus:
www.youtube.com
Tai-Chi
Tai-Chi ist Kampf in Zeitlupe. Die Bewegungen erfolgen langsam und
fließend. Die Wirksamkeit ist sogar wissenschaftlich erwiesen.
Für den Anfang empfiehlt sich ein Einstiegskurs:
www.youtube.com
Zurück nach oben
Kurz & knackig für Fortgeschrittene
Wer konditionell schon etwas weiter ist, dem empfehlen wir zusätzlich zum Ausdauertraining hocheffektive
Ganzkörper- oder Intervalltrainings, die den gesamten Stoffwechsel ankurbeln. Dies gilt besonders
für gut eingestellte Patient:innen ohne Hinweise auf einen Krankheitsschub und daraus resultierende
Funktionseinschränkungen oder chronische Schäden. Bitte beachten Sie immer, dass die Übungen Ihren
individuellen körperlichen Voraussetzungen entsprechen sollten.
Bodystyle
Bodystyle ist ein Ganzkörpertraining für jede Altersgruppe.
Es kombiniert Übungen aus dem Krafttraining mit Aerobic.
Schauen Sie doch mal hinein:
www.youtube.com
Tabata
Hierbei handelt es sich um ein Hochintensitäts-Intervalltraining. Auf
20 Sekunden höchster Belastung folgen 10 Sekunden Pause in acht
Runden. Dieses Work-out trainiert den gesamten Körper.
So kann eine Einheit Tabata aussehen:
www.youtube.com
BBP-Programme
Der Klassiker aus dem Fitnessbereich sind Bauch-Beine-Po-Übungen.
Auch wenn der Fokus auf diesen drei Körperregionen liegt, kommt
auch der Oberkörper nicht zu kurz.
Hier geht’s zu einem Work-out:
www.youtube.com
Zurück nach oben
Richtig gut angezogen
Beim Sport sollten Sie nicht über Ihre Bekleidung nachdenken müssen. Wählen Sie am besten locker sitzende
und atmungsaktive Funktionsbekleidung – am besten aus Naturfasern. Bei Outdoor-Sportarten würden wir
zusätzlich eine dunkle Farbe, eine Kopfbedeckung sowie eine Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor als
UV-Schutz empfehlen.
Und wenn’s doch mal schmerzt?
Letztens wurde ich von einer Patientin mit häufiger Sehnenansatzentzündung (Enthesitis) gefragt, welche
Übungen ich ihr empfehlen würde. Darauf und auch bezüglich anderer Beschwerden gibt es keine eindeutige
Antwort. Wir wissen, dass lokale Belastungen zu einer Enthesitis oder zu anderen Beschwerden führen können.
Auf der anderen Seite sind Sport und Bewegung ja ohne Frage antientzündlich. Hier muss jede:r für sich einen
angepassten Zwischenweg finden. Meistens treten Sehnenansatzentzündungen vorzugsweise (individuell) an
immer gleichen Regionen auf. Wir empfehlen dann, auf Übungen zu verzichten, die genau diese Regionen
betreffen.
Grundsätzlich gebe ich meinen Patient:innen Folgendes mit auf den Weg:
- Viele Patient:innen haben sich häufig (auch durch Fehlinformationen) lange Zeit nicht genügend bewegt.
Das führt dazu, dass eine erste Belastung wie bei jeder:jedem anderen Untrainierten zu Muskelkater, aber
auch Gelenkschmerzen führen kann. Das ist normal!
- Einige Patient:innen übertreiben zu Beginn. Wie beschrieben liegt die letzte Belastung oft Monate
zurück.
Lassen Sie es langsam angehen, auch wenn Sie vor einem Jahr noch einen Marathon gelaufen sind. Muskeln
bilden sich schnell zurück, wenn sie nicht belastet werden. Das kennt jede:r, die:der mal für zwei
Wochen
einen Gips hatte: Der Arm mit dem Gips ist dann nur noch halb so dick wie der andere, nach nur wenigen
Wochen!
- Sollte es wirklich zu einer Gelenkentzündung kommen (heiß/überwärmt, rot, geschwollen …), muss
1.) das Sportprogramm angepasst werden,
2.) bei andauernden Beschwerden die Rheumatologin bzw. der Rheumatologe aufgesucht werden.
Die Diagnostik und Therapie bei Psoriasis-Arthritis haben sich so sehr verbessert, dass viele Patient:innen
ohne Gelenkzerstörung leben und nahezu problemfrei Sport treiben können. Erlaubt ist, was Spaß macht und
keine Schmerzen verursacht. Hier kann ich Ihnen nur mit auf den Weg geben: Hören Sie auf Ihren Bauch.
Trainieren Sie unter Umständen etwas leichter als sonst. Zudem kann bei Komorbiditäten wie Adipositas eine
abgestimmte und therapieunterstützende Ernährung sinnvoll sein.
Sollten Sie trotzdem unsicher sein, ob eine Übung oder Bewegungsart für Sie geeignet ist, fragen Sie am
besten eine Rheumatologin bzw. einen Rheumatologen in Ihrer Nähe.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und vor allem Spaß!
DE-AMB-0421-00017