November 2021
Antientzündliche Ernährung mittels ausgewählter Fette bei Psoriasis/Psoriasis-Arthritis
Prof. Dr. rer. nat. Cordula Siegmann-Thoss & Vanessa Schlenker, Oec.-troph. B. Sc./Diätassistentin EUFH – Hochschule für Gesundheit/Soziales/Pädagogik – Studiengang Ernährungstherapie B. Sc.
Ernährung kann hemmend in ein Entzündungsgeschehen eingreifen und somit auch entzündliche Symptome lindern. Viele verschiedene Nahrungsinhaltsstoffe gelten als antientzündlich (siehe Ernährung bei Psoriasis/Psoriasis-Arthritis). Der Einfluss der in Fetten enthaltenen Fettsäuren gehört zu den am besten wissenschaftlich untersuchten antientzündlichen Nahrungsinhaltsstoffen.
Wie ist die antientzündliche Wirkung von Fettsäuren zu erklären?
Durch fettreiche Nahrung gewinnt der Körper Fettsäuren, aus einem Teil dieser Fettsäuren baut der Körper verschiedene Substanzen auf, die das Immunsystem beeinflussen. Einige Fettsäuren fördern dabei Entzündungsprozesse (= proentzündlich). Dies ist bei akuten Infektionen sehr wichtig, um mithilfe der aufflammenden Entzündung die Ursache der Infektion zu beheben. Andere Fettsäuren dagegen bremsen das Entzündungsgeschehen (= antientzündlich). Dieser Prozess ist bei akuten Infektionen wichtig, um nach erfolgreicher Abwehr das Immunsystem herunterzufahren und die entzündlichen Prozesse, die nun nicht mehr gebraucht werden, zu beenden. Beide Prozesse – pro- und antientzündliche – sollten sich im gesunden Körper die Waage halten. Bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen und somit auch bei Psoriasis/Psoriasis-Arthritis scheint unter anderem eine Dysbalance zwischen diesen verschiedenen Fettsäuren und den Folgeprodukten vorzuliegen, und so erscheint es sinnvoll, mithilfe der Ernährung dieser Dysbalance entgegenzuwirken. Die Menge der als antientzündlich angesehenen Fettsäuren sollte dabei erhöht und die Menge der proentzündlichen Fettsäuren verringert werden.
Welche Fettsäuren sind vor allem aus Sicht der Praxis relevant?
Bei den relevanten Fettsäuren geht es vor allem um langkettige, sogenannte mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Hierbei wird in Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren unterschieden. Die nachfolgende Tabelle zeigt Fettsäuren, die bei der antientzündlichen Ernährung mittels geeigneter Fettauswahl eine wichtige Rolle spielen.
Proentzündliche und antientzündliche Fettsäuren exemplarisch1
Arachidonsäure
Dihomogammalinolensäure, kurz DGLA
Eicosapentaensäure, kurz EPA
Docosahexaensäure, kurz DHA
Omega-6-Fettsäure
Omega-6-Fettsäure
Omega-3-Fettsäure
Omega-3-Fettsäure
Wirkt proentzündlich
Wirkt antientzündlich
Wirkt antientzündlich
Wirkt antientzündlich
Weitere für den Körper lebensnotwendige Fettsäuren sind Alphalinolensäure (Omega-3) und Linolsäure (Omega-6). Diese ebenfalls mehrfach ungesättigten Fettsäuren haben zwar keinen direkten Einfluss auf das Entzündungsgeschehen, gehören jedoch für jeden Menschen auf den Speiseplan, da sie von unserem Körper nicht selbst hergestellt werden können.
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Was sagt die Wissenschaft dazu?
Es gibt gute wissenschaftliche Erkenntnisse zur antientzündlichen Ernährung mittels Omega-3-Fettsäuren bei der Erkrankung rheumatoide Arthritis („Rheuma“), die ebenso wie Psoriasis-Arthritis zum rheumatischen Formenkreis gehört. Nach Gabe bspw. von Omega-3-Fettsäuren in Form von Fischölsupplementen kam es in verschiedenen Studien zu einer Verringerung schmerzender Gelenke, zur Verrbesserung von Morgensteifigkeit und des Allgemeinbefindens sowie zur Verringerung der Einnahme von entzündungshemmenden Medikamenten.2,3 Bei Durchführung einer arachidonsäurearmen Ernährung kam es zur Verbesserung der allgemeinen Symptomatik.2,3
Die wissenschaftliche Datenlage der Wirksamkeit bei Psoriasis ist in Teilen noch widersprüchlich, doch zeigten sich in einigen Studien positive Einflüsse auf Hauterscheinungen wie Minderung von Erythem, Schuppung und Juckreiz. Trotz der noch etwas dünnen Beweislage durch wissenschaftliche Studien ist die Empfehlung für eine antientzündliche Ernährung mittels ausgewählter Fette gerechtfertigt, da diese Ernährung kein Risiko birgt und relativ einfach umsetzbar ist.4,5
Es zeigte sich, dass bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen das Verhältnis von Omega-6 zu Omega-3 eine wichtige Rolle spielt. In der Nahrung sollte dieses Verhältnis optimalerweise 5:1 betragen.6
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Wo kommen die relevanten Fettsäuren vor?
Der Arachidonsäure-Gehalt des Körpers wird vor allem durch die Menge an konsumierten tierischen Fetten bestimmt. Ein niedriger Konsum dieser Fette kann somit antientzündliche Effekte haben. Die Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA sind reichlich in fetten Fischen enthalten – aber auch in Nahrungsergänzungsmitteln auf der Basis von Fischöl. Bei veganer Ernährungsweise sind auch Algenöle ein wichtiger Lieferant dieser Fettsäuren.
DGLA entsteht im Körper aus Gammalinolensäure. Letztere kann als Vorstufe für DGLA dem Körper mithilfe von z. B. Nachtkerzenöl, Borretschsamenöl, schwarzem Johannisbeersamenöl und Hanfsamenöl zugeführt werden.
Ein optimales Verhältnis von Linolsäure zu Alphalinolensäure ist in Raps- und Walnussöl zu finden. Gute Vertreter für die Alphalinolensäure sind aber auch Leinöl, Nüsse und Chiasamen.
Welche konkreten Empfehlungen resultieren daraus?
- Eine pflanzenbasierte Ernährung wirkt sich antientzündlich aus, da sie arachidonsäurearm ist. Getreideprodukte, Obst und Gemüse stehen hierbei im Fokus. Bei Obst und Gemüse ist es empfehlenswert, 5 Portionen täglich aufzunehmen, davon 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst. In der Praxis sollte jede Hauptmahlzeit eine Gemüsekomponente wie eine Salatbeilage oder schonend gegartes Gemüse enthalten. Obst eignet sich beispielsweise gut als Zwischenmahlzeit.7
- Bei der Verwendung von Fetten sind die pflanzlichen Fette ebenfalls zu bevorzugen, hierbei eignen sich aufgrund ihres guten Fettsäuremusters insbesondere Rapsöl, Leinöl und Walnussöl. Rapsöl kann sehr gut zum Braten und Dünsten verwendet werden. Leinöl und Walnussöl eignen sich beispielsweise zur Herstellung von Salatdressings für eine besondere Geschmackskomponente. Ergänzend können Gammalinolsäure enthaltende Öle (s. o.) weitere Vielfalt in die Nahrungsaufnahme bringen.
- Die pflanzenbasierte Ernährung kann durch Fleisch und Wurst ergänzt werden. Empfehlenswert sind max. 2–3 Portionen Fleisch und Wurst in der Woche, dies entspricht etwa 300–600 Gramm. Geeignet sind insbesondere fettarme Fleisch- und Wurstsorten wie Geflügel ohne Haut, Filet, Muskelfleisch, Kochschinken oder Bratenaufschnitt.7
- Besonders aus antientzündlicher Sicht ist der regelmäßige Verzehr von 2 Portionen Fisch pro Woche zu empfehlen. Einmal die Woche sollte ein fettreicher Fisch wie Hering, Lachs, Makrele oder Thunfisch mit einer Portionsgröße von ca. 70–80 Gramm auf dem Speiseplan stehen sowie einmal die Woche ein fettarmer Fisch (beispielsweise 80–150 Gramm Seelachs oder Kabeljau).8
- Alternativ kann auch eine tägliche Zufuhr von Fischölfettsäuren oder Mikroalgenöl in Form einer Nahrungsergänzung empfohlen werden. Die entsprechenden Dosierungen sollten hierbei individuell an den Bedarf angepasst werden und unterscheiden sich je nach Präparat.
- Bitte vergessen Sie nicht: Allgemein sollte die Ernährung den 10 Regeln der DGE
- Lebensmittelvielfalt genießen
- Gemüse und Obst – nimm „5 am Tag“
- Vollkorn wählen
- Mit tierischen Lebensmitteln die Auswahl ergänzen
- Gesundheitsfördernde Fette nutzen
- Zucker und Salz einsparen
- Am besten Wasser trinken
- Schonend zubereiten
- Achtsam essen und genießen
- Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben
folgen und kann sich an einer mediterranen Ernährungsweise, gekennzeichnet durch den Einsatz von reichlich Vollkorngetreide, Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst, pflanzlichen Ölen und Fisch, orientieren.7
In wissenschaftlichen Studien zeigte sich in Ergänzung zu der in diesem Beitrag beschriebenen Ernährung auch eine vermehrte Aufnahme von Vitamin D als antientzündlich wirksam. Hierzu folgt ein weiterer Beitrag.
Ernährungsempfehlungen kurz und knapp
Täglich Vollkorngetreide
Täglich 3 Portionen Gemüse
Täglich 2 Portionen Obst
Verwendung von pflanzlichen Ölen
Insb. Raps,- Lein- und Walnussöl
Fleisch und Wurst in Maßen
Max. 2–3 Portionen (300–600 g) pro Woche Bevorzugung fettarmer Produkte
1–2 x Fisch pro Woche
Alternativ: Nahrungsergänzung durch Fischöl oder Algenöl
1 x pro Woche fettreicher Fisch wie Hering, Lachs oder Makrele (70–80 g)
1 x pro Woche fettarmer Fisch wie Kabeljau oder Seelachs (80–150 g)
Dosierung individuell und je nach Präparat unterschiedlich
Allgemein: ausgewogene Ernährung nach den 10 Regeln der DGE7; ggf. als mediterrane Ernährungsweise
DE-OTZ-1121-00017
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