Februar 2022
Antientzündliche Ernährung mittels Vitamin D bei Psoriasis/Psoriasis-Arthritis
Prof. Dr. rer. nat. Cordula Siegmann-Thoss & Vanessa Schlenker, Oec.-troph. B. Sc./Diätassistentin EUFH – Hochschule für Gesundheit / Soziales / Pädagogik – Studiengang Ernährungstherapie B. Sc.
Ein Entzündungsgeschehen, wie es bei Psoriasis/Psoriasis-Arthritis auftritt, kann durch verschiedene Nährstoffe positiv beeinflusst werden (siehe Ernährung bei Psoriasis/Psoriasis-Arthritis). Die begleitenden Symptome können dabei merklich gelindert werden. Hierbei gilt, neben dem Einfluss des Fettsäuremusters der Nahrung (siehe Ausgewählte Fette bei Psoriasis/Psoriasis-Arthritis), insbesondere auch das Vitamin D als antientzündlich wirksam.
Was ist Vitamin D?
Vitamin D gehört zu den fettlöslichen Vitaminen. Die aktive Form des Vitamin D heißt in der Fachsprache Calcitriol und ist aus heutiger Sicht eigentlich kein Vitamin, sondern eher ein Hormon. Früher gab es die Annahme, dass es vor allem über die Nahrung zugeführt werden muss, daher wurde es den Vitaminen zugeordnet. Heute ist bekannt, dass unser Körper Calcitriol selbst herstellen kann. Aus traditionellen Gründen wird trotzdem weiterhin – und somit auch in diesem Beitrag – von Vitamin D gesprochen.1
Die Herstellung von Vitamin D in unserem Körper ist sehr komplex und gestaltet sich als eine Art „Odyssee“ durch viele Organe. Unter Einfluss von Sonnenlicht (UV-B) auf unsere nackte Haut wird die aktive Form unter Beteiligung der Organe Leber und Niere über verschiedene Zwischenstufen hergestellt (siehe Abb. 1).
Wenn wir Vitamin D mit der Nahrung oder mittels Nahrungsergänzungsmittel (Supplemente) zuführen, wird dieses ins Blut aufgenommen und auch durch chemische Prozesse in der Leber und den Nieren in die aktive Form überführt.
Schätzungsweise werden ca. 90 % unseres täglichen Bedarfs an Vitamin D im Körper selbst hergestellt und die restlichen ca. 10 % über die Nahrung aufgenommen.2
Abb. 1: Vitamin D – Versorgung unseres Körpers – 90 % Sonne / 10 % Nahrung2
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Welche Wirkungen hat Vitamin D im Körper?
Vitamin D hat vielfältige Wirkungen. Gemeinsam mit dem Mineralstoff Calcium spielt es eine wichtige
Rolle für unsere Knochengesundheit und -stabilität.1 Vitamin D senkt zudem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, den Blutdruck sowie das Diabetesrisiko und scheint einen schützenden Effekt vor bestimmten Krebserkrankungen zu haben.3
Vitamin D kann das bakterielle und virale Infektionsrisiko reduzieren und über seinen Einfluss auf verschiedene Immunzellen antientzündliche Effekte aufweisen. Somit gilt es auch als „Antientzündungshormon“.2,4
Es besteht ein Zusammenhang zwischen einem niedrigen Vitamin-D-Spiegel im Blut und dem Vorhandensein und der Schwere verschiedener rheumatischer Erkrankungen.5 Durch eine Vitamin-D-Gabe kann bei Rheumatikerinnen und Rheumatikern mit erhöhter Entzündungsaktivität der Schmerz (VAS-Schmerzskala) sowie die Entzündungsaktivität signifikant gesenkt werden.6
Auch bei Psoriasis-Patientinnen oder -Patienten konnten signifikant niedrige Vitamin-D-Spiegel im Blut nachgewiesen werden. Unklar ist natürlich, ob dies – nach dem Motto Huhn oder Ei – eine Ursache oder eine Folge der Erkrankung ist. Es scheint somit wichtig, den Vitamin-D-Spiegel der Patientinnen und Patienten zu kontrollieren, um mögliche Defizite mittels Ernährung und Nahrungsergänzung zu beheben.7
Es gilt: Je höher der im Blut gemessene Vitamin-D-Spiegel, umso geringer die Krankheitsaktivität (nach PASI-Score).8
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Welche Ursachen können zu einem Vitamin-D-Mangel führen?
In Deutschland reicht die Sonne mit ihrem mangelnden Anteil an UV-B-Strahlung die meiste Zeit des Jahres nicht aus, um unseren Bedarf an Vitamin D zu decken. Jahreszeit, Bewölkung, Schatten, Glas, Sonnencreme, Kleidung, dunkle Haut etc. verringern die UV-B-Einstrahlung weiter. Auch Erkrankungen wie Adipositas, bestimmte Darmerkrankungen (Stichwort: Malabsorption), spezielle Nierenerkrankungen sowie die Einnahme von Medikamenten wie z. B. Glukokortikoiden können den Vitamin-D-Spiegel senken.3
UV-B-Strahlen lösen leider auch Sonnenbrand aus und erhöhen bekanntermaßen dabei auch das Risiko für den bösartigen Hautkrebs – das maligne Melanom. So halten wir uns alle heutzutage eher im Schatten auf und verwenden bei starker Sonneneinstrahlung Sonnenschutzcremes mit hohem Lichtschutzfaktor. Dadurch reduzieren wir zwar sinnvollerweise unser Hautkrebsrisiko, allerdings auch die Bildung von Vitamin D. In Deutschland ist nur zwischen März und Oktober eine gute Vitamin-D-Produktion möglich. Letztlich führt das dazu, dass wir in Deutschland einen flächendeckenden Vitamin-D-Mangel beobachten können. Dies wird durch ein zunehmendes Alter noch verstärkt, da die Fähigkeit der Bildung von Vitamin D mit dem Alter abnimmt.2
Ergänzend dazu kann Vitamin D über die Nahrung zugeführt werden, diese kann ein Defizit allerdings
nicht komplett ausgleichen, da nur wenig Nahrungsmittel Vitamin D enthalten (konkrete Empfehlungen
siehe weiter unten). Daher wird es in vielen Fällen für gesunde Menschen, aber vor allem bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen wie Psoriasis/Psoriasis-Arthritis, notwendig sein, zusätzlich Vitamin D in Form von Nahrungsergänzungsmitteln zu supplementieren.
Da Vitamin D allerdings wie schon erwähnt ein fettlösliches Vitamin ist und daher bei Überdosierung Nebenwirkungen wie beispielsweise zu hohe Calciumspiegel im Blut (Hyperkalzämie) oder Nierensteine auftreten können,
3 sollte die
Supplementierung nur bei nachgewiesenem Vitamin-D-Mangel erfolgen.
Eine Supplementation bei Erwachsenen mit Vitamin-D-Spiegeln im Normbereich wird zur Prävention oder Behandlung der Psoriasis nicht empfohlen.
9 Psoriasis-Patientinnen und -Patienten mit
topischer Vitamin-D-Behandlung sollen bezüglich der oralen Supplementierung so betrachtet werden wie die übrige Bevölkerung.
10 Zu beachten ist dabei, dass Patientinnen bzw. Patienten mit topischer Vitamin-D-Therapie trotzdem einen Vitamin-D-Mangel aufweisen können.
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Leider sind die Aussagen zu den anzustrebenden Zielkonzentrationen an Vitamin D im Blut sehr unterschiedlich. Für gesunde Menschen wird laut der deutschen Gesellschaft für Ernährung DGE ein Zielwert von mindestens 50 nmol/l angegeben.11 Manche Autoren, auch in älteren Veröffentlichungen, benennen allerdings einen Zielwert von mindestens 70 nmol/l als erstrebenswert.12 Schmiedel sieht bei Patientinnen oder Patienten mit entzündlichen Erkrankungen einen Blutserumspiegel von 100 bis 150 nmol/l als optimal an.4
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Wie lässt sich nun der eigene Vitamin D-Spiegel im Körper erhöhen und welche konkreten Empfehlungen resultieren daraus?
Sonnenexposition13,14
Es sollte möglichst eine tägliche Exposition mit Sonnenlicht zwischen 12:00 und 15:00 Uhr stattfinden. Die UV-Strahlen müssen dabei auf ca. 1/4 der nackten Haut Einfluss nehmen können. Folgende Dauer gilt beispielsweise für die Hauttypen I und II in Abhängigkeit von der Jahreszeit:
Dauer der Exposition in Abhängigkeit von der Jahreszeit für helle Hauttypen („Scin types according to Fitzpatrick“)11
Je dunkler der Hauttyp, umso schwieriger ist in unseren Breitengraden die Eigensynthese von Vitamin D, umso länger sollte die Exposition mit UV-B-Strahlen stattfinden, unter Vermeidung von Sonnenbrand.
Vom Spätherbst bis zum frühen Frühjahr ist keine ausreichende Vitamin-D-Eigensynthese in Deutschland möglich.
Ernährung
Zur Unterstützung der körpereigenen Vitamin-D-Synthese sollte jeder Mensch einmal wöchentlich fettreichen Fisch wie Hering, Makrele, Lachs oder Thunfisch verzehren, aber auch Leber, Eigelb, Butter und Pilze enthalten Vitamin D.15
Bei unzureichender/fehlender körpereigener Synthese sollte die Zufuhr bei 20 µg pro Tag liegen, das entspricht konkret z. B.:
75 g Hering
125 g Wildlachs
100 g Aal
1.000 g Pilze
680 g Eier
1.600 g Butter
6 g Lebertran
Durchschnittlich werden täglich nur ca. 2 bis 4 µg Vitamin D über die Nahrung wirklich im Körper aufgenommen, der Bedarf kann somit nicht allein durch die tägliche Ernährung mit üblichen Lebensmitteln gedeckt werden. Die Differenz muss über die Sonnenexposition und/oder eine Supplementierung ausgeglichen werden.11
Eine Ernährungsweise ohne die obigen Lebensmittel kann allerdings eine Vitamin-D-Mangelsituation verschärfen.
Supplementierung mit Vitamin-D-Präparaten bei Vitamin-D-Mangel:
Die DGE empfiehlt für gesunde Erwachsene auch bei einem Alter über 65 Jahre bei fehlender körpereigener Produktion eine Vitamin-D-Zufuhr von 800 IE (Internationale Einheiten) pro Tag (entspricht 20 µg pro Tag).11
Eine Supplementation von bis zu 4.000 IE pro Tag wird als sicher angesehen. Die Dosierung sollte allerdings trotzdem unter ärztlicher Aufsicht und individuell erfolgen.3
Rund um entzündliche Erkrankungen werden auch noch deutlich höhere Dosierungen empfohlen.4 Diese sollten unbedingt nur unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden.
Grundsätzlich gilt: Vor einer Supplementierung sollte unbedingt der eigene Vitamin-D-Status bei der Ärztin bzw. beim Arzt erfasst werden, um mögliche Nebenwirkungen zu verhindern. Während der Supplementierung sollte zumindest bei hohen Dosierungen ggf. auch der Calciumspiegel im Blutserum kontrolliert werden.
Zur optimalen Aufnahme in den Körper sollten Vitamin-D-Präparate immer zusammen mit einer fetthaltigen Mahlzeit eingenommen werden.
Bitte vergessen Sie nicht:
Allgemein sollte die Ernährung den
10 Regeln der DGE
- Lebensmittelvielfalt genießen
- Gemüse und Obst – nimm „5 am Tag“
- Vollkorn wählen
- Mit tierischen Lebensmitteln die Auswahl ergänzen
- Gesundheitsfördernde Fette nutzen
- Zucker und Salz einsparen
- Am besten Wasser trinken
- Schonend zubereiten
- Achtsam essen und genießen
- Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben
folgen und kann sich
an einer mediterranen Ernährungsweise, gekennzeichnet durch den Einsatz von reichlich Vollkorngetreide, Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst, pflanzlichen Ölen und Fisch, orientieren.
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Resultierende Empfehlungen kurz und knapp:
Regelmäßige Kontrolle des eigenen Vitamin-D-Spiegels (bei Supplementation ggf. auch des Calciumspiegels)
Arztbesuch
¼ der nackten Haut zwischen 12 und 15 Uhr für 5–25 Minuten (je nach Hauttyp und Jahreszeit)
Vom Spätherbst bis zum frühen Frühjahr liegt keine ausreichende Vitamin-D-Eigensynthese vor.
Zur Unterstützung: 1 x wöchentlich fettreicher Fisch wie z. B. Hering, Wildlachs, Makrele, Thunfisch, ggf. ergänzt durch Pilze, Eigelb, Leber.
Vitamin-D-Zufuhr allein über Ernährung mit üblichen Lebensmitteln reicht nicht aus, um den Bedarf zu decken.
Vitamin-D-Supplementation bei
nachgewiesenem Vitamin-D-Mangel
800–4.000 IE gelten als sicher bezüglich möglicher Nebenwirkungen
Höhere Dosierungen bei Psoriasis/Psoriasis-Arthritis denkbar unter ärztlicher Empfehlung und Aufsicht
Allgemein: ausgewogene Ernährung nach den 10 Regeln der DGE
DE-OTZ-0222-00004
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